Dienstag, 20. September 2016

Der Gärtner – eine verrückte Gattung Mensch


Gärtner sind schon manchmal eine merkwürdige Spezies Mensch. Ich traue mich das zu sagen, weil ich selbst dazu gehöre. Jeder Gartenbesitzer hat seine ganz eigene, unverwechselbare Art, mit seinem Stück Land umzugehen. Gärtner sind alle grundverschieden, doch eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind ein kleines bisschen verrückt.

Wie extrem sich die Arten zu gärtnern unterscheiden, habe ich tagtäglich vor Augen. Da ist zum Beispiel der Naturfreund, der in seinem Garten dem Zufall freie Hand lässt und in einem Dschungel wohnt. Die dort lebenden Tiere freut es sicher, doch entdeckt man zum Beispiel echte Pflanzenjuwele, die nicht jeder hat, erst auf den zweiten, dritten, vierten Blick, weil sie vom Wildwuchs völlig überwuchert sind und deshalb gar nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Schade drum. Und, Tierliebe hin oder her, eine Wasserstelle für Molche und anderes Kleingetier ist wichtig, kann aber auch dekorativer ihren Zweck erfüllen. Es muss nicht ein morastiger Tümpel ohne Randbepflanzung am Ende des Grundstücks sein. In einem solchen Garten juckt es mich mächtig in den Fingern, mal ordentlich aufzuräumen.

Dennoch, ganz ehrlich, mir als Tier- und Naturliebhaberin gefällt dieses Extrem besser als das andere: Der überpenible Gartenbesitzer, der einen nicht aufgeräumten, sondern sterilen Garten pflegt. Da dürfen Pflanzen nicht ihrer Natur entsprechend wachsen. Sie dürfen sich nicht aussäen, werden schon während der Blüte bodennah abgeschnitten, Zwiebelblumen dürfen nicht in Ruhe einziehen, sondern das Laub wird schon in grünem Zustand herausgerissen. Pflanzen, die tief wurzeln und schattige Füße brauchen wie zum Beispiel Clematis, werden an der sonnigsten Stelle das Gartens in niedrige Balkonkästen gesetzt, einfach nur zu dekorativen Zwecken. Und die Besitzerin wundert sich, warum nichts wächst oder blüht. Also werden ständig neue Pflanzen gekauft, die schon kurze Zeit später in die Knie gehen. Nur der Rasen wird gehegt und gepflegt, täglich gemäht und jedes Blättchen Klee von Hand herausgezogen. Und da Pflanzen einen schlechten Stand haben, verwandelt sich der Garten in eine Figuren- und Lampenausstellung, die den Betrachter glatt erschlägt. Der Garten ist einerseits zu aufgeräumt, andererseits aber zu überladen, weil es nichts gibt, woran sich das Auge festhalten kann. Das Zuviel an Deko vermittelt ein Gefühl der Unruhe und die wenigen verbleibenden Pflanzen scheinen zu sagen: „Jetzt guck dir das an, da machste was mit!“

In meinem Garten darf die Natur ruhig ein Wörtchen mitreden. Ich freue mich über Akeleien und Fingerhüte, die dank Selbstaussaat durch den Garten wandern und so immer neue Bilder schaffen, bevorzuge dichte Pflanzungen, um Unkraut zu unterdrücken und meinen Bienen ein reichhaltiges Nahrungsangebot zu sichern. Deshalb dürfen an der einen oder anderen Stele auch Wildpflanzen ungestört wuchern. Solange ab und zu etwas Zeit ist, ordnend einzugreifen, bleibt alles in Harmonie. Dann kann der Garten vor allem eines sein: ein Ort, an dem Pflanzen, Tiere und Menschen sich gut aufgehoben fühlen.

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