Mittwoch, 17. Oktober 2018

Vögel des Glücks


Bald ertönen sie wieder, die Rufe der Kraniche, die den nahenden Winter ankündigen. Ihr lautes Trompeten trifft mich mitten ins Herz, erzählt es doch von Weite, Freiheit, Stärke und ständiger Wiederkehr.

Kraniche werden weitläufig auch Vögel des Glücks genannt, wohl weil sie im Frühling die Wärme zurückbringen. Während ihres 30 Jahre langen Lebens sind sich Kranichpaare treu, sofern nicht einer der Partner stirbt. Ihr Brutnest bauen sie geschützt vor Feinden im Wasser. Sie nutzen es jedes Jahr wieder und ziehen gemeinsam ein bis zwei Junge groß. Die Luftröhre der Kranichjungen ist bei ihrem ersten Herbstzug noch nicht voll ausgebildet, weshalb man oft zwischen dem typischen Trompeten der „Großen“ ein leises Fiepen vernimmt. Dabei handelt es sich nicht wie oft fälschlicherweise angenommen Singvögel, die die Kraniche in ihrem Federkleid tragen, sondern tatsächlich um Jungtiere.

Trotz der langen Ehe werben die Tiere mit ihrem anrührenden Kranichtanz jedes Jahr neu umeinander. Der Tanz ist aber nicht nur Bestandteil des Balzrituals. Kraniche tanzen das ganze Jahr hindurch, einfach aus purer Lebensfreude. Wer das Glück hat, sie dabei zu beobachten, kann es auch spüren: die Freude am Einfach-sein.

Sehnsüchtig warte ich im Frühjahr darauf, dass die Vögel laut trompetend in ihre Brutreviere zurückkehren. Ein einmaliges Schauspiel ist es, wenn sich Tausende von Kranichen vor ihrem Herbstzug an ihren Sammelplätzen einfinden, wo sie sich stärken, bevor es auf die große Reise geht. Machen sie sich dann gen Süden auf den Weg, schwingt immer ein wenig Melancholie mit. Während meine Blicke diesen anmutigen, stolzen Tieren folgen, schicke ich meine Gedanken mit auf die Reise. Kranich, kommst du wieder?

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