Der Flow – oder: Das Glück des Gärtners
Wer selbst für das Gärtnern nichts übrig hat, wird es nie
verstehen: Wie jemand sich freiwillig so viel Arbeit aufhalsen und dabei auch
noch glücklich sein kann. Er hat ihn vielleicht noch nie erlebt, den Flow. Weder
im Garten noch anderswo.
Der Erfinder des Flow-Phänomens Mihaly Csikszentmihalyi
beschreibt den Flow als ein Gefühl, in einer Aufgabe völlig aufzugehen. Die
Tätigkeit oder Erfahrung versetzt den Menschen in eine Art Rauschzustand,
Wollen, Denken und Fühlen werden einzig und allein von der Tätigkeit bestimmt,
alles andere wird ausgeblendet. Dieses Glücksgefühl, den Flow, zu erreichen,
hat absolute Priorität, egal zu welchem Preis.
Ich brauche im Garten ungefähr eine halbe Stunde, bis ich in
den Flow gerate – unabhängig davon, ob ich vorher motiviert war oder nicht. Mit
der Bewegung draußen, dem Licht und Erdkontakt kommen die Gedanken in Fluss,
sie kommen und gehen, bald völlig unbemerkt, und die Arbeit geht ganz allein
von der Hand. Alles andere wird unwichtig und ausgeblendet. Hunger, Durst,
Hitze, Kälte, Regen, Schmerzen, ja selbst ein angebrochener Fuß verlieren
völlig an Bedeutung, wenn ich eins mit dem Garten werde. Und dabei spielt es
keine Rolle, ob ich in meinem eigenen Garten werkele oder in einem anderen. Die
Hauptsache ist nur, dass ich ungestört bin. Habe ich Gesellschaft, sei es durch
Familienmitglieder oder mitgärtnernde Kundinnen, dann wird es nichts mit dem
Flow.
Der Flow im Garten ist eine Droge, die zwar glücklich macht,
aber ganz ohne negative Nebenwirkungen. Einmal drin, verfliegt Stunde um
Stunde, ohne dass ich es merke. Und ich empfinde fast so etwas wie Trauer, wenn
ich meine Arbeit beenden muss, weil andere Verpflichtungen rufen. Doch ich kann
mich damit trösten, dass ich den Flow immer wieder erreichen kann, denn ein
Garten ist bekanntlich niemals fertig – zum Glück!
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